Freitag, 26. Oktober 2012

Gokarna, Om Beach

bis Dienstag, 23. Oktober 2012
Mann-o-Mann, hier kann man's aushalten! Auch wenn der Strandsand am Sandstrand nicht immer klinisch rein ist - sondern durchsetzt von angeschwemmten Holzresten, ganz bissel Müll und Kuh-Hinterlassenschaften -, auch und vielleicht gerade dann. Auch wenn man mal von zähnefletschenden Hunden am Half Moon Beach eingekesselt ist und in Panik verfällt. Auch wenn das Wasser wegen dem Sand darin quasi undurchsichtig ist.


ein Delfi

nochmal zum Paradise Beach


Im Großen und Ganzen ist hier eine stetig wechselnde internationale Tourist Community anwesend, die ihre eigene Authenzität erzeugt. Angenehm bis verstörend, tierisch interessant bis tierisch durchschaubar. Irgendwo zwischen lecker faul und relaxed vibrierend.

Das ist zwar nicht authentisches Indien, aber um das zu haben, muss man nur mal eben nach Gokarna fahren, oder via Kudle Beach rüberwandern.

kleine Krebse machen Sandkügelchen am Kudle Beach

Eine Libelle hämmert sich herzzerreißend seit einer halben Stunde an einer Wand den Kopf ein. Diese sonst so aufregend navigierenden Geschöpfe... Sie ist ganz offensichtlich nicht mehr fähig, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Käpt'n, sie kann den Kurs nicht halten! Ich gebe ihr den Gnadenstoß mit meiner Badelatsche. Ein schwarzer Streuner, angelockt durch die beiden Schläge mit der Badelette, riecht kurz an den Überresten. Zwei Minuten später variieren die ortsansässigen Ameisen schon den Standard-Recycling-Plan für solche Großbaustellen. Angepasst an die lokalen Begebenheiten.

Einsiedlerkrebse - gleich wieder zurück ins Meer

Sandformationen

Es gibt hier so viele herrausstechende Persönlichkeiten unter den Einheimischen, dass man sie gar nicht alle kennen lernen kann. Santos, der versuchte Frauenversteher, immer mit Interesse am Wohlergehen der Langzeittouristen. Dias, same-same but different, gerne und gekonnt verarscht er uns auf freundschaftlicher Basis. Ana, naturbreit und gesprächig. Jimmy, der perfekte Gastgeber, der in Gegenwart seiner Großmutter, Frau und Kinder von morgens bis abends am Chillum saugt. Der Ananas-Mann und der humpelnde Tinnefverkäufer. Ein Mikrokosmos voller Nettigkeiten.

Graffiti am Paradise Beach

Das nahe Goa schwappt erkennbar auf Gokarna über, und es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Unterschiede zu Goa verschwunden sind.

Vor ein paar Tagen fing das Meer plötzlich an zu brodeln wie verrückt. Gute 200 qm der Oberfläche nahe der Felsen waren in Aufruhr. Ein riesiger Fischschwarm ist wohl von unten durch Delphine Richtung Felsen getrieben worden. Sie sprangen aus dem Wasser in völliger Panik. Es müssen hunderttausende gewesen sein. Ein kleinerer Teil brach aus und schwamm Richtung Strand. In ihrer Notlage sprangen tausende ans Land und die Leute von den Gästehäusern begannen gleich, die Fische einzusammeln. Ein paar Touris haben angefangen die Fische wieder ins Meer zu werfen. Und genau diese haben sicherlich dann am Abend gegrillten Fisch und Fishcurry bestellt. Am nächsten Tag lagen dann hunderte Tote Fische am Strand, obwohl am Vortag wirklich alle eingesammelt wurden. Mit offenen Mündern lagen sie da und sind wohl vorher irgendwo an Land erstickt. Die Flut in der Nacht hat sie dann sicherlich geholt und am Strand abgelegt.

Lemminge

Reisernte

Wenzel und Stefan sind zu guten Freunden geworden. Und wenn man zusammen auch mal einfach die Klappe halten kann, ist das schon ein gutes Zeichen. (Pulp Fiction lässt grüßen, aber das wussten wir doch schon davor, ne wahr?) Wenn ich alle Leute besuche, die ich besser kennengelernt habe, wird das schon eine kleine Europatour werden :)

Reisfeld hinterm Guesthaus

meine Hütte

Und trotzdem habe ich mich entschieden, hier vorzeitig abzukacheln. Also bevor es nach Bali weitergeht, wenigstens noch einen anderen Ort in Indien aufzusuchen. Dienstag, den 23. Oktober geht es per Flieger weiter: Auf nach Varanasi! 2000 Kilometer nord-östlich von Gokarna und meinem beschaulichen Om Beach. Dort, wo im Ganges deutsche Grenzwerte um das tausendfache überschritten werden. Dort, wo im Ganges Klamotten und Kühe gewaschen, sich gebadet und an den Ufern Leichen verbrannt werden. Auf zu neuen Verrückten! Ich bin gespannt.

Anweisungen








Samstag, 13. Oktober 2012

Gokarna



seit Freitag, 28. September 2012

Nach 17-stündiger Zugfahrt mit besoffenen Indern, kleinen Küchenschaben und ein wenig rumpeligem Schlaf, kam ich zu unchristlicher Uhrzeit - nämlich 3:30 morgens - auf dem Bahnhof von Kumta an. Ein Autorickschafahrer (Tuk-Tuk) klemmte sich das Bündel Schlafentzug, welches ich war, unter den Arm und legte es auf dem Rücksitz ab. Gokarna, bzw. Om Beach, war ja gleich um die Ecke, dachte ich. Je nach Zoomstufe zumindest.

Gedraengel im Zug
Die 35 Kilometer von Kumta bis nach Gokarna haben dann aber fast zwei Stunden gedauert. Die Straße ist sowas von dermaßen hinüber und die Rickscha war in keinem besseren Zustand... Bei der kleinsten Steigung nudelte der Motor sich im ersten Gang die ölige Seele aus dem Leib und die Schlaglöcher mussten in Sekundenbruchteilen entdeckt und umrundet werden, da die Batterie kaputt war und dadurch das Licht des Scheinwerfers in direkter Abhängigkeit zur Motordrehzahl stand. Mann, das war echt ein Haufen Altmetall, diese Gehhilfe.

Gokarna Beach weit weg
Den Weg runter zum Om Beach verweigerte der Fahrer dann, denn seine ausgelutschten Bremsen würden das nicht mitmachen. Das ist diese Art von Ansage, bei der man lieber keine Überredungskünste anwendet, sondern sich dem Schicksal hingibt. Also hieß es umsteigen, und plötzlich war alles ganz gemütlich, gefedert, rasant und mit Musik. Ich hatte echt die schlimmste Karre im Staate Karnataka erwischt. Und danach die wohl allerbeste.

Sonnenuntergang

Sonnenaufgang

Nun bin ich seit zwei Wochen hier am Om Beach und habe alle meine Indienpläne über den Haufen geworfen. Das Land ist zu groß, ich kapituliere genüsslich vor vierstelligen Kilometerzahlen und zweistelligen Durchschnittsgeschwindigkeiten. Meine Pläne waren wohl doch eine Terz zu ambitioniert für zwei Monate. Nun kann man zwei Dinge machen: a) neu planen (ein Plan ist ein Plan, und deshalb ist das möglich) oder b) den Plan wegschmeißen und sich auf den Moment einlassen. Ich entschied mich für das mit dem Moment.

Badezimmer?

Stefan aus Ingolstadt ist jetzt schon seit sechs Wochen hier am Om Beach und ist auch nicht mehr wegzubekommen. Er ist zum Einen der Guru hier, weil er alles weiß, was es hier zu wissen gibt und zum Anderen ein wahrer Großmeister im Verschieben von Weiterreiseterminen. Am gleichen Tag wie ich, kam Wenzel aus Liechtenstein hier an, und wir drei hängen jeden Tag zusammen und äußerst gekonnt ab.

Kuehe am Strand machen Heiligen Stuhl

alter Fischer

Gandhi lebt

Andere Touristen kommen und gehen - Vinod, Marlene, Felix, nochmal Felix, Anna, nochmal Anna, Darren, Abi, Shafal, Michael, Sooraj und wie sie alle geheißen haben mögen. Wir bleiben. Wir sind der Fels in dieser speziellen Brandung, die zu 90 Prozent aus indischen Wochenend-Sauftouristen, Bier- und Vollzeitphilosophen aus Bangalore, deutschen Voluntären, Dauerkiffern und Pillenschmeißern aus Israel und den normalen anderen Touristen in ihren ach-so-indischen Zirkusklamotten, die hier sonst niemand tragen würde, besteht.

Om Beach

Touris

Es gibt hier noch einige Strände drumherum, die man auf Wanderungen erkunden kann. Ab durch den Dschungel und über die Klippen, das macht Bohne! Am Paradise Beach - der dritte linker Hand - stehen die alten Ruinen einer Touristenstadt, die vor zwei Jahren abgerissen wurde. Hier ist man teils ganz alleine, teils kommen andere Touristen um die Ecke.

Half Moon Beach

auf dem Weg zum Paradise Beach

Ruinen am Paradise Beach

Paradise Beach

wir bauen uns unsere eigene Tempelanlage

Vor fünf Tagen, auf einer Wanderung zum Paradise Beach, habe ich hier das erste Mal Delphine gesehen. Seitdem gab es keinen Tag ohne Delphinsichtung. Sie sind zwar weit draußen, aber es ist trotzdem jedes Mal bewegend, sie zu sehen.

seit 23 Jahren am Paradise Beach

durch den Dschungel

Sandformationen

endloooos

Rueckweg

Die meisten Tage verstreichen einfach in totaler Ruhe und dann ist es schon große Action, wenn zuerst ein Fisch vom Himmel fällt, danach ein Inder kotzt, ein anderer Touri zugedröhnt umkippt und dann auch noch zum krönenden Abschluss eine Kuh am Strand in Ohnmacht fällt!

Royal Enfield - Bullet

Natürlich bin ich auch ein bisschen Moped gefahren. Ein Geocache in drei Stunden Entfernung bot sich an, wollte sich aber nicht finden lassen. Dafür gab es einen grandiosen Strand und einen Hindutempel mit gigantischer Shiva-Statue als Trostpflaster.

Mega Shiva

Muscheln

THE beach

Achtung! Religion!

Ganesh Fest

Gokarna selbst, ist die hinduistisch anmutendste Stadt, die ich bisher gesehen habe. Männer mit orangenen Tüchern, Malereien auf der Straße, bunte Häuser, Kühe, Kühe, Kühe. Durch die Stadt zu laufen, ist wirklich ein Erlebnis.

Gokarna City Ride

Gokarna

Gokarna

Gokarna

Gokarna

Gokarna Beach

Gokarna

Gokarna Pond

Mit Abi und Shafal aus Bangalore haben wir das letzte Wochenende mit philosophieren verbracht. Das war genial. Die Leute hier - glaube ich zumindest - kriegen das mit der Muttermilch zum Frühstück, Mittag und Abendessen verabreicht. Als ich noch mit meinen Nicht-Plänen gehadert habe, sagte Abi irgendwann: "Warum willst du das Taj Mahal aufsuchen, wenn du dich hier selbst finden kannst." Wow! Er hat völlig recht. Also bleibe ich da, wo es mir gefällt und lasse mich nicht von selbstgemachtem Reisedruck stressen. Leckomio und zwar blanco!

Felsen am Om Beach

im Moksha

High-Tech im Low-Tech-Pelz

Haeuser

nochmal Kuehe - sie sind ueberall

Und das mit dem selbst finden, klappt auch manchmal ganz gut. Aber besonders genial ist es, wenn man zum Beispiel im Meer rumplanscht und plötzlich merkt, dass man sich wie ein Kind verhält und einfach spielt - ohne Regeln oder was auch immer. Get connected to your inner child.










Mittwoch, 3. Oktober 2012

Varkala

Mittwoch, 12. bis Donnerstag, 27. September 2012

(getze mit Bilders)

Nach einer typisch indischen Busfahrt über Kallamballam nach Varkala sprang ich vorm Bahnhof aus dem Bus. Ich schaute mich erstmal um, ich wusste ja, dass ich noch ein paar Kilometer weiter aus der Stadt raus, Richtung Meer musste.

Da! Eine Touristin im Internet Cafe! Gleich mal nach guter Unterkunft fragen. Cláudia gab mir den Tipp, mich im Silent Villas einzuquartieren. Der Name war Programm, denn es lag etwas ab von der eigentlichen Klippe und war sehr ruhig gelegen. Ein riesiges Schlafzimmer, ein riesiges Badezimmer und eine Küche ohne jegliche Einrichtung sollten knapp fünf Euro pro Nacht kosten. Man war das billig und dazu auch noch verdammt sauber! Ich wusste gleich, hier bleibe ich erstmal ein bisschen länger. Meine Indienreisepläne musste ich eh zum Teil über den Haufen werfen, da sonst alles in Hetzerei ausarten würde. Die Entfernungen hier sind einfach zu groß, um in Ruhe einmal quer durch das ganze Land zu reisen. Sechs statt zwei Monate müssten gerade so ausreichen. Ich komm wieder, keine Frage.

Silent Villas

immer rein damit!

Varkala North Cliff... Auf fünfhundert Metern reihen sich Restaurants, Unterkünfte, Klamottenläden, Kioske, Schmuckläden, Schneider und Reisebüros an einer zwanzig Meter hohen Klippe aneinander. Alles sehr touristengerecht und einigermaßen unaufdringlich. In der Hauptsaison ab November zieht sich das Meer wohl auch noch auf wundersame Weise von der Klippe zurück und gibt einen riesigen Strand preis.
North Cliff

beim Paranassam Beach

Am ersten Abend war ich dann mit Cláudia und Prince - die beide im Silent Villas residierten - essen. Ein sehr netter Abend. Es stellte sich heraus, dass Cláudia ihren letzten Abend hatte und morgen die Heimreise antreten würde. Prince war schon über zwei Wochen da und die beiden hatten sich sehr gut angefreundet. Sie waren ständig zusammen auf dem Moped unterwegs und erkundeten die Umgebung.

Dschungelhaus


Papanassam Beach

Prince ist heute immer noch in Varkala - also seit guten 5 Wochen schon. Das kann ich gut verstehen, denn es ist total entspannt in Varkala. Zumindest in der Nebensaison.


gefakte Rolltreppe

Reste vom abgebauten Zirkus in Kollam

irgendwo bei Kollam mit Prince

Monsterziege Kollam

Kollam

Kollam


Mit Prince bin ich dann auch öfter unterwegs gewesen. Der Kerl ist wirklich faszinierend. Einen netteren Menschen als ihn wird man lange suchen müssen. Wir waren zusammen in Kollam unterwegs und haben unter anderem seine Mutter besucht und eine Backwatertour durch die Kanäle auf Munroe Island gemacht. Das war so unglaublich ruhig und dörflich dort. Erst dachte ich, "Na das kann ja öde werden", aber im Endeffekt war es großartig. Einen Cache habe ich auch noch gelegt

Backwaters

Chicken crossing!

der Typ in der Mitte ist 71 Jahre alt!

Backwaters

Backwaters

driver

Kids auf Autofaehre


Ein paar Meter weiter südlich vom Cliff gibt es den Papanassam Beach, der aber wegen der rauhen See nicht zum Schwimmen einlädt. Tagsüber waren viele indische Touristen dort, abends waren alle Restaurants komplett leer. In der Hauptsaison muss hier aber die Hölle losbrechen. Dann sind dort tausende von West-Touristen und die Preise ziehen wohl auch noch extrem an.


indische Strandtouristen

North Cliff

Klippenlandschaft

dito

mehr Klippen

Transport


An einem der gammeligen Tage, die ich in Varkala verbracht habe, habe ich mir ein Moped gemietet und bin in die Berge nach Ponmudi gefahren. 22 Haarnadelkurven ging es den Berg hinauf. Dort oben bin ich dann per Zufall an einem ziemlich eindrucksvollen Aussichtspunkt gelandet. Für die 180 Kilometer hin und zurück habe ich locker sechs Stunden reine Fahrzeit benötigt. Entweder sind die Straßen schlecht oder kurvig oder beides. Und in den Städten und Dörfern ist immer so viel los, dass man kaum 20 km/h zustande kriegt.

auf dem Weg nach Ponmudi

Aussicht Ponmudi


Ich wollte eigentlich "schon" am Sonntag nach zehn Tagen weiter nach Norden aufbrechen und ging in eines dieser Reisebüros um eine Zugfahrt im Schlafabteil zu buchen. Zugfahren ist wirklich doof hier, zumindest über längere Strecken. Man muss ziemlich weit im Vorraus buchen, da die Züge schon früh überbucht sind. Daher musste ich noch bis Donnerstag bleiben. Aber hier ließ es sich ja gut aushalten. Also verbrachte ich noch ein paar Tage mit lesen und nix tun im Juice Shack und abends in den Bars und Restaurants. Prince war hier auch nicht wegzukriegen, er sagte immer "There is a little lazyness in Varkala". Wie wahr. Doing sweet nothing... Ahhhhhh, herrlich!

argh!

Irgendwann hat sich eine riesige Spinne mit haarigen Beinen in mein Zimmer verirrt. Mit einer Plastiktüte schnappte ich sie mir, um sie rauszuwerfen. Das Biest war echt böse und versuchte mich durch die Tüte doch glatt in den Finger zu beißen! Die hatte echt Kraft, das Zwicken war deutlich zu spüren. Natürlich war sie am nächsten Tag wieder da und diesmal ließ sie sich nicht fangen. "Na gut, Spiderman" sagte ich zu ihr "wenn du mir nix tust, dann tue ich dir auch nichts. Du darfst hier dann sogar umsonst weiterwohnen." Sie nickte kurz, strafte mich mit einem abschätzigen Blick und verschwand wieder unter der Küchentür. Ich habe sie nie wiedergesehen.